Lohnt Zusammenbleiben?
Lohnt Zusammenbleiben?
Viele Frauen und Männer geraten im Laufe ihrer Beziehung in eine Krise, in der sie ernsthaft über eine Trennung nachdenken.
Mögliche Gründe warum eine Frau über eine Trennung nachdenkt:
- Sie fühlt sich nicht mehr verstanden bzw. wahrgenommen. Der Mann redet nicht offen mit ihr und hört ihr nicht zu (Sprachlosigkeit)
- Der Mann verbringt zu viel Zeit mit Arbeit/Karriere/eigenen Hobbys und geht zu wenig auf ihre Bedürfnisse ein
- Der Alltag mit Haushalt, Job und Kindern ist zur Routine geworden, es passiert auf der Paarebene nichts mehr (Lustlosigkeit)
- Sie/Er sucht das Abenteuer/Abwechslung/Freiheit in einer neuen Beziehung (Dreiecksbeziehung)
Ihre Bedenken und Unzufriedenheit teilt eine Frau ihrem Partner sogar mit, mehrmals, doch er reagiert kaum darauf. Die unterschiedlichsten Ankündigungen steckt er vermutlich mit ungläubigem Kopfschütteln weg:
- Ja, ja, sie redet ja nur.
- Sie kriegt sich schon wieder ein.
- Ihr geht es eh so gut bei mir!
- Wo soll sie denn hin?
- Was will sie ohne mich?
- Was hat sie nur, es läuft doch gut!
Möglichkeit 1:
Sie kriegt sich wieder ein (laut Partner). Sie überwindet ihre Krise durch Eigenmotivation. Sie findet eine neue Herausforderung im Leben, die für sie Sinn ergibt. Sie definiert ihren Platz und ihre Aufgaben im Leben neu. Sie bleibt in der Beziehung.
Möglichkeit 2:
Sie zieht die Trennung durch. Er fällt in ein Loch. Trauer, Wut, Nicht-wahrhaben-wollen überkommen ihn. Für ihn kommt die Trennung wie aus dem Nichts. Er ist überrumpelt und will mit allen Mitteln die Beziehung retten. Er ist jetzt zur Veränderung bereit. Sie hat im Vorfeld schon Trauerarbeit geleistet und sich innerlich distanziert. Sie hat viele Vorkehrungen getroffen und fühlt sich durch die Trennung erleichtert – es gibt keinen Weg zurück.
Was wird wirklich unternommen, um die Beziehung zu retten?
- Hat sie wirklich das Gespräch gesucht? Oder hat sie zwischen Tür und Angel, zwischen Kinder und kochen, zwischen Terminen und Schlafenszeit einen Streit inszeniert?
- Hat sie ihre Dringlichkeit klar zum Ausdruck gebracht?
- Hat sie ihre Gefühle offen gelegt?
- Hat sie ihre Maske fallen lassen?
- Hat er zugehört? Hat er sich einem Freund anvertraut? Hat er sich Literatur geholt zur Thematik?
- Waren sie/er bereit für eine Beratung oder Therapie? Und haben sie für sich bzw. gemeinsam Beratung/Therapie in Anspruch genommen.
- Sind die beiden ins TUN bzw. in die UMSETZUNG gekommen? Waren sie AKTIV? Haben sie sich für die Beziehung aktiv eingesetzt? Oder ist einfach viel Blabla im Raum verpufft und hat Schmerzen verursacht. Schuldzuweisungen hier und da? Keine Eigenverantwortung?
Kaffeeklatsch oder professionelle Beratung/Therapie?
Steht eine Trennung im Raum, ist das Gespräch mit der besten Freundin, mit dem besten Freund meist nicht zielführend. Sie/Er bringt zu viele eigene Erwartungen mit ein und ist weder konstruktiv noch neutral. Einige Beispiele dafür, wie die beste Freundin/der beste Freund ticken könnten…
- Es kann sein, dass sie (die beste Freundin) den Ehemann sympathisch findet, oder auch nicht. Je nach dem wird sie sich für ihn oder gegen ihn einsetzen…
- Er (der beste Freund) mochte die Freundin seines Freundes noch nie wirklich!
- Vielleicht ist sie eine Verfechterin von Treue und kann mit einem Seitensprung nicht umgehen?
- Vielleicht hat er selbst schon eine Trennung hinter sich und braucht einen Kumpel für den nächsten Single-Urlaub?
Es gibt viele Gründe, warum die beste Freundin und auch der beste Freund versucht das Gegenüber zu beeinflussen oder auf die eigene Seite zu ziehen.
Wissen und spüren, was für einen gut und richtig ist, kann nur jeder Mensch für sich. Vieles muss am eigenen Leib erfahren werden und es genügt nicht, aus den Fehlern oder Erfahrungen anderer zu lernen. Was sehr schade ist! Denn diesen Weg sind schon viele Paare gegangen, vielleicht sogar die meisten.
Meine persönliche Meinung: gehen oder bleiben?
- Es lohnt sich, sich für eine Beziehung einzusetzen. Nicht kämpfen, es soll kein Kampf sein!
- Ist noch Liebe da, gibt es positive Gefühle für den Partner? Dann diese wieder aktivieren, wieder mehr als Paar unternehmen.
- Die Energie, die in einen Neubeginn gesteckt werden muss, kann auch in die vertraute Beziehung gesteckt werden.
- Eine Trennung kostet viel Zeit, Nerven und vor allem Geld!
- Gibt es gemeinsame Kinder? Dann lohnt es sich noch mehr, den Kindern ein gutes Vorbild darin zu sein, dass Konflikte gelöst werden können.
- Eine Trennung scheint vielleicht anfangs der einfachere Weg zu sein, bringt aber sehr viele Herausforderungen mit sich.
- Nach der Beziehung ist vor der Beziehung. Bis in einer neuen Beziehung wieder Vertrautheit aufgebaut ist, das dauert!
- Mit einem neuen/andern Partner kommt man irgendwann an einen ähnlichen Punkt, solange, bis man die Probleme/Konflikte aktiv angeht, Lösungen sucht, das Verhalten veränderst, damit du andere Resultate erzielst.
- Ein Seitensprung muss nicht unbedingt das Ende einer Beziehung sein. Er kann auch eine Chance und/oder ein Neubeginn sein.
- Ein Seitensprung wird nicht vollzogen, um den Partner zu verletzen. Dieser Akt findet zwischen zwei Menschen statt und hat mit dem dritten nicht wirklich etwas zu tun (für diese Einstellung braucht es Offenheit).
- Professionelle Prozessbegleitung in Anspruch nehmen, für Klarheit, Entscheidungskraft und Ich-Stärkung.
- Die Erstfamilie wirft einen langen Schatten auf eine Zweitfamilie. Starke Gefühle wie Eifersucht, Neid, Minderwertigkeit und Loyalitätskonflikte belasten sowohl Erwachsene als auch Kinder, über Jahre.
- Wird eine Beziehung beendet, um bestimmten Problemen aus dem Weg zu gehen, ohne eine wirkliche Lösung zu finden, schiebe ich die unangenehme Situation nur auf. In einer neuen Beziehung steht man irgendwann unweigerlich vor den selben Herausforderungen.
- Miteinander neu verhandeln! Die Beziehung den veränderten Lebensumständen anpassen, mit dem Alter verändern sich Bedürfnisse – darüber sollte gesprochen werden.
- Sich die Frage stellen: „Was kann ICH tun, damit Liebe gelingt?“
Was kommt nach der Trennung?
Ich finde es überaus wichtig, dass sich jemand, der an Trennung denkt, auch die Frage stellt: „Was kommt danach!“ „Wo stehe ich in 5 Jahren nach der Trennung und wie bewältige ich diese 5 Jahre?“ Wie gehe ich in der Zeit mit Finanzen und Zeit um? Wie bekomme ich das unter einen Hut?
Wann ist eine Trennung das Beste?
- bei psychischer und physischer Gewalt
- bei Süchten aller Art (Alkohol, Drogen, Spielen,…) und wenn diese nicht bewusst gemacht werden (ohne Einsicht, dass Therapie notwendig ist)
- wenn die Kinder in Gefahr sind (psychisch und physisch)
- bei immer wiederkehrenden Seitensprüngen
- bei Missbrauch
- das eigene Wohl und das der Kinder ist in Gefahr
- keine Einsicht und keine Verhaltensänderung
- Hilfe wird rigoros abgelehnt
- die beiden Lebensentwürfe passen überhaupt nicht mehr zusammen
- zu viele Kränkungen haben stattgefunden
Warum habe ich einen Blogartikel zu diesem Thema geschrieben?
Ich habe selbst die Erfahrung einer „Ehekrise“ gemacht. Ich weiß um die vielen Diskussionen, die zu nichts führen, wenn kein wertvoller Input von Außen kommt, der eine andere Sichtweise bringt. Man dreht sich dann ständig im Kreis. Es genügt nicht, einfach nur recht haben zu wollen. Oder zu versuchen, den anderen von der eigenen Meinung zu überzeugen. Es ist außerdem vergeudetet Zeit zu warten, warten, bis sich etwas verändert. Wer nicht ins Tun kommt, wer keine eigene Entscheidung trifft, ist von den Entscheidungen anderer abhängig.
Ich habe die Erfahrung gemacht, wie viel Zeit und Energie ein Neuanfang benötigt. Eine Trennung/Scheidung ist meist mit Trauer und anderen negativen Emotionen verbunden. Es benötigt Achtsamkeit, um mit diesen Emotionen umzugehen. Sie überhaupt zuzulassen, sie zu spüren und wahrzunehmen, ihnen eine Berechtigung zu geben, um sie dann angemessen zu verarbeiten und im besten Fall loszulassen.
Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, wie viel Zeit und Energie es benötigt, eine Patchworkfamilie zu gründen. Zwei verletzte Familiensysteme auf einen gemeinsamen Nenner bringen und zwar so, dass alle Beteiligten glücklich und zufrieden sind. Das ist ein Handwerk. Das erfordert Wissen und Geschick, es braucht Toleranz und Offenheit. Es dauert Jahre bis Vertrauen wieder eine stabile Grundlage ist.
Ich habe die Erfahrung gemacht, welch großer Balanceakt es ist, eine Stiefmutter bzw. ein Stiefvater zu sein. Gefühle wie Eifersucht, Verlustangst, Verzicht, Ablehnung, Neid, Zurückweisung gehen damit einher. Es kostet Kraft und Zeit einen rhythmische Alltag herzustellen, es erfordert Organisationstalent die Wochenenden zu planen, mit und ohne Kinder. Mit den eigenen Kindern und den neu gewonnen. Last but not least braucht es viel Toleranz und Geduld mit den Spuren und Handlungen der Expartner umzugehen.